Erst die Fülle, dann die Hülle.

Die „Architekten Färbergasse“, Hermann Zeilinger und Helmut Dirmayer zeigen, dass auch abseits der urbanen Hotspots Architektur blüht.

 

Warum genau Braunau? Warum nicht Salzburg, Linz oder Wien?
Dirmayer: Es ist doch völlig egal, wo man arbeitet, und Braunau bietet mit seiner historischen Bausubstanz eine Menge Potenzial.

 

Bei einem Streifzug durch Ihre Referenzen entdeckt man viele Renovierungen. Eine besondere Herausforderung?
Dirmayer: Ja, natürlich! Denn es geht darum, die Qualität aus etwas Altem neu herauszustreichen und den modernen Bedürfnissen anzupassen.

 

Was ist Ihr Arbeitsstil, Ihr Credo?
Zeilinger: Es ist uns wichtig, maßgeschneiderte Lösungen zu entwickeln, nichts „von der Stange“ zu verwenden. Da kann’s dann schon mal sein, dass bei einem Privathaus die Schlafzimmer im Erdgeschoß sind und die Wohnräume darüber. An diesem speziellen Standort kann man vom Obergeschoß aus das ganze Jahr über die herrliche Aussicht genießen, im Garten ist’s hingegen nur für eine kurze Zeit wirklich sommerlich warm. Unsere Auftraggeber waren sofort begeistert von der Idee.

 

Wie gehen Sie generell in Ihrer Arbeit vor?
Dirmayer: Dem Kunden werden zu Beginn nur Grundrisse präsentiert. Fassaden und Modelle halten wir so lange wie möglich zurück. Der passende räumliche Ablauf muss zuerst kommen. Erst wenn das steht, kann man über die Hülle sprechen.

 

Aber sind die Menschen nicht auf das Äußere fixiert?
Zeilinger: Ja, schon. Es kommen durchaus Kunden, die uns ein Bild einer Villa in einer Zeitschrift zeigen und sagen: „Das will ich – nur in Klein.“ Was das Gebäude aber wirklich können muss, das wissen sie noch nicht.

 

Gemeinsam mit Wiesner-Hager haben Sie die Musikschule Altheim realisiert. Was war das Besondere an diesem Projekt?
Zeilinger: Der Altbestand ist ein denkmalgeschützter, historistischer Solitär. Seine Fläche ist allerdings zu klein für den heutigen Bedarf. Man hätte schon alles irgendwie hineinzwängen können, aber das hätte dem Torgebäude, der „Landmark“ Altheims, die Seele geraubt. Darum haben wir nach hinten einen schlichten, modernen Kubus angehängt.

 

Die Fassade des Anbaus haben Sie mit Lichtbändern, die ihre Farbe wechseln, gestaltet. Welche Idee steckt dahinter?
Zeilinger: In diesem Gebäude steckt so viel Musik, so viel Leben. Die pulsierenden Lichtbänder transportieren das nach außen. Ursprünglich war es nur für Veranstaltungen gedacht, aber die Akzeptanz und Begeisterung ist so groß, dass die Lichtbänder nun jeden Abend eingeschaltet werden.

 

Wiesner-Hager setzt in seiner Produktpolitik sehr stark auf Design. Welche Rolle spielt Design in Ihren Projekten? Was erwarten Sie on Produktdesign?
Zeilinger: Wir orientieren uns in unserer Arbeit defnitiv am Design der Produkte. Wiesner-Hager hat in den vergangenen Jahren sehr anspruchsvolle Designs entwickelt, die in unseren Projekten Einsatz finden. Wir achten generell darauf, heimische Anbieter zu stärken. Wir sind ja selbst ein „regionaler Spieler“ und gerade bei öffentlichen Aufträgen sollten diese gefördert werden.

 

Sie führen auf kommunaler Ebene sehr viele Projekte durch. Wo liegen die Unterschiede zu privaten Bauherren?
Dirmayer: Öffentliche Aufträge sind meist größere Aufträge. Die Rahmenbedingungen und das Budget sind zwar strikt vorgegeben, dafür haben wir in der Umsetzungsphase sehr viel Gestaltungsspielraum. Auf politischer Ebene gibt es inzwischen eine hohe Bereitschaft für modernes, zeitgemäßes Bauen.

Zeilinger: Private Bauherren hingegen nehmen bis zum Schluss, bis zum letzten Waschbecken, sehr viel Einfluss. Sie wollen sich mit jedem Detail zu 100 Prozent identifizieren, schließlich leben sie dann auch in diesem Objekt. Darum ist bei privaten Bauvorhaben wichtig, dass die Wellenlänge zwischen Bauherren und Architekt stimmt, damit ein gelungenes Gebäude entsteht.

Dirmayer: Und wenn sie stimmt, können daraus Freundschaften fürs Leben entstehen.

 

Autor: Wiesner-Hager Content-Redaktion im Interview mit Hermann Zeilinger und Helmut Dirmayer

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