Haus der Nachhaltigkeit
Schon von außen besticht das im 15. Jahrhundert erbaute Hofmann-Haus, eine ehemalige Zinngießerei im oberösterreichischen Ried im Innkreis, mit historischem Charme. Betritt man die Gießerei, wie sie auch heute noch genannt wird, erwartet einen eine Kombination aus modernem und vor allem nachhaltigem Design, eingebettet in alte Mauern.
Zukunftsträchtiges Konzept in historischer Schale.
Seit kurzem trägt die Gießerei nun den Namen „Haus der Nachhaltigkeit und Regionalität“. Daher sind auch ihre Nutzer nachhaltig orientierte Unternehmen. Neben verschiedenen Shops und Dienstleistern finden sich auch ein Coworking Space, sowie Raum für Veranstaltungen und Workshops wieder. Wiesner-Hager lieferte einen Großteil der Möblierung. Besonders im Café setzte man auf den kreativen Holzstuhl font, sowie auf nooi Barstühle und m.zone Tische. Hinter dem Gesamtprojekt steckt der Verein TRAFOS, welcher sich die Förderung nachhaltiger Lebensstile in der Region zur Aufgabe gemacht hat.
Umweltbewusste Sanierung.
Das Haus der Nachhaltigkeit ist ein Vorzeigeprojekt, wenn es um gelungene und umweltbewusste Sanierung geht. „Das Haus wurde von den meisten Immobilien-Entwicklern und Bauexperten als abbruchreif eingestuft. Weder die Raumhöhe noch die Elektro- und Sanitärausstattung entsprach auch nur annähernd gängigen Normen. Trotz dieser Fakten hat sich die Planungsgruppe nach längerem Überlegen unter Einbeziehung von Prämissen der Nachhaltigkeit und Erhaltung des baukulturellen Erbes dazu entschlossen, das bestehende Gebäude zu sanieren und eine gute Kombination aus traditioneller Bausubstanz und modernem Ausbau zu realisieren“, erklärt Karl Weilhartner, Obmann-Stellvertreter der TRAFOS. Für die innenarchitektonische Umsetzung waren Verena Waidmann und Lukas Gstöttner vom Designstudio bonpart zuständig. „Da die Gießerei als ‚Haus der Nachhaltigkeit‘ geplant war, sollte die Einrichtung bestenfalls – über das Zeitgenössische hinaus – eine zukunftsweisende Interpretation des Themas sein. Ein plakativer Öko-Look hätte das Thema in eine Nische gedrängt, in die es längst nicht mehr gehört. Daher haben wir bei der Gestaltung auf Modernität, Hochwertigkeit und Gemütlichkeit gesetzt, um möglichst viele Menschen anzusprechen und für das Thema zu begeistern“, so die beiden Innenarchitekten.
Zugespitzt könnte man sagen, es war uns ein Anliegen, über die erwartbaren Öko-Klischees hinaus aufzuzeigen, was in dem Thema alles drinsteckt. Durch unsere Eindrücke als Produktdesigner in der internationalen Industriedesign-Szene sehen wir einen eindeutigen Trend, der uns Mut macht: In Zukunft werden immer mehr Dinge existieren, denen man die inneren Werte, ihre Nachhaltigkeit, nicht mehr auf den ersten Blick ansieht. Es wird normaler werden, der neue ökologische Standard, wenn man so will. Nachhaltigkeit ist gerade dabei, sich endgültig von einem Nischenthema wegzubewegen.
Alt trifft Neu.
Ein besonderes Highlight ist das Café im ersten Stock des Gebäudes. Die historischen Dachbalken verleihen dem Raum einen besonderen Charme. Sitzt man an einem der kleinen Rundfenster, kann man den Blick über die Gassen der Innenstadt schweifen lassen. Die dunklen Holzstühle mit ihrer runden und verspielten Form vermitteln Gemütlichkeit. Moderne Barhocker mit Stehtischen bilden den erfrischenden und ungezwungenen Kontrapunkt. Direkt an das Café angrenzend befindet sich ein kleiner Shop mit regionalen Köstlichkeiten und nachhaltigen Produkten. „Eine Besonderheit ist das Ineinanderfließen der Nutzungsbereiche und -konzepte wie Gastro und Shop. Im Zuge der Planung haben wir darauf geachtet, dass sich die Bereiche positiv ergänzen und es nicht zu Konflikten der verschiedenen Bedürfnisse kommt“, betont Waidmann.
Verlässt man den Café-Bereich und steigt die Holztreppe, hergestellt aus einer regionalen Esche, hoch, erreicht man das Dachgeschoß, in welchem sich Coworking-Plätze und ein Bereich für Veranstaltungen und Tagungen befinden. „Der Coworking-Bereich ist wirklich toll eingebettet unter dem historischen Dachstuhl. Gestalterisch ist hier die Fusion aus den modernen, hellen Wiesner-Hager-Arbeitsplätzen und dem jahrhundertealten Gebälk tonangebend. Die architektonischen Elemente wie der neue, gewachste Betonboden und die Holzbalken, die im Zuge der Sanierung auf Metallsteher gestützt wurden, sorgen für eine besondere Atmosphäre zwischen gemütlich und luftig. Der Raum teilt sich durch eine Glaswand mit Schiebetüren in Coworking und Veranstaltungsbereich. Prägend für dieses Stockwerk sind auch die beiden Atrien mit Glasbrüstung und eine schwebende, organisch geformte Lichtskulptur im Dachstuhl“, erklärt Waidmann. „Bei der japanischen Reparaturtechnik ‚Kintsugi‘ wird nicht versucht, die Schadstellen zu verdecken und zu verstecken, sondern sie gekonnt mit edlen Materialien zu reparieren. So kann man auch das Vorgehen in der Gießerei zusammenfassen. Der Geist und die Schönheit des mehrere Jahrhunderte alten Gebäudes wurde, soweit es möglich war, belassen und mit modernen, formschönen und funktionellen Materialien ergänzt. Dies war unter anderem nur möglich, weil rund 70 Vereinsmitglieder und Genossenschafter tausende Arbeitsstunden kostenlos zur Verfügung gestellt haben“, so Weilhartner abschließend.