Kreativität lässt sich nicht verordnen! Aber man kann sie in Schwung bringen. Mit den richtigen Menschen und einem inspirierenden Ambiente zum Beispiel. Klar ist aber auch: Es braucht die erforderliche Unternehmenskultur, die Kreativität überhaupt zulässt.
Kreativität beschreibt die Fähigkeit der Menschen, schöpferisch und gestalterisch tätig zu sein. Ideen entwickeln und Innovationen anstoßen – kurz gesagt: Immer wenn es im Kopf klick macht, wird schöpferisches Potenzial abgerufen. Das räumliche Umfeld leistet dazu einen wesentlichen Beitrag – im positiven wie im negativen Sinn. Bernhard Kern, Geschäftsführer des Office Consulting Unternehmens Roomware, stellt schon seit einigen Jahren fest, dass sich das räumliche Angebot in Bürogebäuden sehr stark in Richtung Kreativbereiche verändert: „Während die klassischen Büroformen wie Zellen- oder Großraumbüro stark an Bedeutung verlieren, entstehen vermehrt Coworking Units, die einen großen organisatorischen und gestalterischen Spielraum für die räumliche Umsetzung zulassen. Das Hauptziel liegt darin, eine hohe Begegnungsqualität und die kreative Zusammenarbeit zu fördern.“ Kern sieht durch die Covid-Pandemie sogar einen zusätzlichen Schub für die Konzeption von Kreativbereichen: „Das Home-Office ist gekommen, um zu bleiben. Und sorgt dafür, dass je nach Unternehmen und Branche künftig mindestens 10 bis 20 Prozent an Büroflächen frei werden, die anderweitig eingeplant werden können. So entstehen neue, spielerische Räume für Projektarbeit, Workshops, Brainstorming oder Strategieentwicklung.“
Was können Kreativräume leisten?
Den idealtypischen Kreativraum gibt es nicht, denn die gestalterischen Freiheiten sind unbegrenzt. Jedoch gibt es bestimmte Ansprüche, die das schöpferische Arbeiten im Sinne von Ideenentwicklung, Design Thinking oder Scrum unterstützen sollen: „Kreativbereiche versprühen Dynamik und Beweglichkeit. Sie wirken inspirierend, einladend und stressfrei – gestaltet als freies Raumkonzept ohne Zwänge. Das wird zum Beispiel in der Nutzung unterschiedlicher Ebenen spürbar: vom Couching bis zum Stehen und Gehen. Dazu leistet auch die Möblierung einen wesentlichen Beitrag – unterstützt von diversen Medien: Vom Flipchart über organisierbare Wände bis zur Multimediaausstattung, mit der auch Remote-Teilnehmer eingebunden werden können. Wichtige Basisfaktoren sind auch gute Akustik und angenehmes Raumklima. Allgemeinbereiche wie Teeküche oder Café sollten räumlich nahe an- oder direkt eingebunden werden“, fasst Bernhard Kern das Wesen von Kreativbereichen zusammen.
Kreativzonen statt einzelner Räume.
Immer mehr Unternehmen trimmen nicht nur einen Raum auf kreativ, sondern bieten ganze Zonen und eigene Umgebungen für das gestalterische Arbeiten an. Roomware Projektleiterin Christina Pasch gewährt Einblicke in zwei ihrer Projekte, in denen dieses Zonenmodell umgesetzt wurde: Das Dienstleistungsunternehmen IKT Linz bündelt alle Kompetenzen für Informations- und Kommunikationstechnologie der Stadt Linz. Inmitten einer klassischen, sehr stark Zellen-orientierten Bürostrukturwurde eine offene, zonierte Kreativ- und Begegnungszone geschaffen. „Wir haben diese in drei Bereiche gegliedert: Einen Raum für tägliche Stand-up-Meetings mit markanten Sitzstufen, der sich durch flexible Raumteiler mit dem angeschlossenen Workshopbereich verbinden lässt. Gemeinsam bilden die beiden Räume die sogenannte Arena. Der dritte Bereich wurde als offenes Working Café konzipiert, das nicht nur der Regeneration dient, sondern auch in Kreativprozesse mit eingebunden wird. Die Räume können jederzeit an unterschiedlich große Projektgruppen angepasst werden.“ Ähnlich verhält es sich bei einem weiteren Projekt von Pasch, dem „Next Horizon Lab“ des TÜV Austria. Es handelt sich dabei um einen Coworking Space, in dem Fachwissen und praktische Markterfahrung mit visionären Denkansätzen kombiniert werden. „Die durch akustisch wirksame Raumtrennelemente zonierten Bereiche sind für Workshops, Tagungen oder Projektarbeit buchbar. Sie lassen sich aber auch ganz einfach für konzentriertes Arbeiten, als Ruhezone oder für informellen Gedankenaustausch nutzen. Die freie Raumgestaltung, das variantenreiche Mobiliar und die mobile Medienausstattung sorgen für größtmögliche Flexibilität in der Nutzung“, skizziert Pasch das Projekt.
Die Inflation der Kreativität.
Christian Schuldt, Autor des Zukunftsinstituts, beschäftigt sich in der aktuellen Trendstudie „Free Creativity“ auch mit den inflationären Auswüchsen der Kreativitäts-Gläubigkeit. Für ihn ist die moderne Wirtschaft geradezu besessen von dem Wunsch, die schöpferischen Potenziale der Kreativität methodisch effizient zu erschließen. Er weist darauf hin, dass die allzu starke methodische Fixierung auf Kreativität sogar „kontrakreativ“ sein kann. Viel wichtiger sind der spielerische Zugang der Unternehmen zur Freisetzung kreativer Potenziale und eine Rückbesinnung auf die kreativen Grundfähigkeiten der Menschen. Denn, wie gesagt: Kreativität kann man nicht verordnen!
Autor: Franz Gurtner, Wiesner-Hager Content-Redaktion