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Change or Die: Interview mit Dr. Birgit Feldhusen.

Technologische Innovationen und die Werte der nächsten Generation verändern die Unternehmenskultur grundlegend. ALPHAZIRKEL Austria und Wiesner-Hager organisierten dazu in Wien eine Podiumsdiskussion unter dem Titel „Change or Die: Das Ende des klassischen Unternehmens durch neue Organisationsformen?“.

Dr. Birgit Feldhusen, Leiterin des Kompetenzbereiches „Future Organizations“ an der Donau-Universität Krems, war eine der vier ReferentInnen. Wir haben Sie nach dem Panel noch zum Interview gebeten.

 

Die Fähigkeit sich zu verändern wird für Unternehmen in Zukunft immer wichtiger. Woher denken Sie kommt dieser Druck nach Veränderung?

Dr. Feldhusen: Veränderung hat es schon immer gegeben, Veränderung ist ein natürlicher Prozess des Lebens. Dass wir im Augenblick eine Art Druck verspüren, liegt meiner Meinung daran, dass sich die Entwicklungsgeschwindigkeit zunehmend beschleunigt. Demzufolge können Technologien, wie auch Unternehmen, von heute auf morgen verschwinden oder von einem kleinen Startup zu einem Millionenunternehmen werden. In dem Moment wo sich Dinge schnell ändern, erscheint die Welt auch komplexer. Wenn also die Zusammenhänge nicht mehr den bekannten Mustern folgen, wird es schwieriger den Überblick zu behalten. Veränderungsfähigkeit geht Hand in Hand mit der Fähigkeit zur ständigen Anpassung und Ausrichtung, heute gerne auch Agilität genannt. Insbesondere die jüngere Generation emanzipiert sich zunehmend und hat eigene Vorstellungen und Anforderungen an die Arbeitswelt.

 

In Ihrem Organisationsmodell beschreiben Sie die Beziehung zwischen organisationaler und individueller Veränderungsfähigkeit und Formen der Kommunikation. Wie kann dieses Modell Unternehmen in ihrem individuellen Change Prozess unterstützen?

Dr. Feldhusen: Unternehmen wissen oft, dass eine Veränderung notwendig ist, können aber Entwicklungen und Anforderungen selten in ein Gesamtbild einordnen. Mein Organisationsmodell, das Grundlage unseres neuen Lehrgangs „Agile Organizations & Collective Leadership“ ist, integriert verschiedenste Disziplinen – wie Wissensmanagement, organisationales Lernen, und Kognitionswissenschaft. Das stellt eine neue, erweiterte Perspektive auf Organisationen dar, aus der heraus sie dann erkennen können, was grundlegende Ansatzpunkte für ihre Veränderung sind. Auch im Markt befindliche Organisations- und Transformationsansätze können eingeordnet werden, wodurch deren Einsetzbarkeit für die eigene Organisation besser bewertet werden kann.

 

Wie sollen Unternehmen vorgehen, wenn sie sich dazu entschließen einen Change Prozess in Gang zu bringen?

Dr. Feldhusen: Der Wunsch nach einem Rezept, an das man sich halten kann und dann ein Ergebnis für die Zukunft bekommt, haben viele Unternehmen. Das funktioniert allerdings in Zukunft nicht mehr, man darf die Selbstverantwortung nicht abgeben. Die Unternehmen müssen sich mit aktuellen Zusammenhängen und Entwicklungen beschäftigen und sie verstehen. Ich trenne in meinen Vorlesungen ganz konkret zwischen Change und Entwicklung. Das was jetzt vor uns liegt, ist selten ein Change im Sinne eines Projektes, das irgendwann vorbei ist und dann sind wir am Ziel. Sondern letztendlich geht es darum, an der grundsätzlichen Fähigkeit zur Veränderung anzusetzen. Das Ergebnis ist die Selbstreflektion und Flexibilität an sich, die wir im Zuge dieser Projekte lernen und die uns für immer neue Herausforderungen wappnet.

 

Sie beschäftigen sich mit Studien über kollektive vs. individuelle Intelligenz. Was ist Ihre Kernaussage dazu?

Dr. Feldhusen: Intelligenz an sich wird wissenschaftlich als die Fähigkeit beschrieben, viele verschiedene Probleme gut zu lösen. Es geht nicht darum, eine einzige Art von Problem, sondern viele unterschiedliche Fragestellungen immer wieder gut zu lösen. Studien haben gezeigt, dass es in Teams eine Art kollektive Intelligenz gibt. Bestimmte Faktoren in diesem Team befähigen es, unterschiedliche Aufgaben besser zu lösen, als andere Teams, denen diese Faktoren fehlen. Die Fähigkeit, ausgleichend miteinander zu kommunizieren, ist beispielsweise ein wesentlicher Faktor. Auch die soziale Sensitivität, die eine höhere Qualität der Begegnungsqualität ausmacht, ist dabei sehr wichtig. Kollektive Intelligenz orientiert sich außerdem nicht an der Intelligenz der einzelnen Teammitglieder. Sie können trotz vieler intelligenter Mitglieder ein dummes Team haben, wenn es keine guten Kommunikationsmuster beherrscht.

 

Blick in die Kristallkugel: Wie sehen Sie Organisationen in zwanzig Jahren im Vergleich zu heute?

Dr. Feldhusen: Eine äußerst schwierige Frage. Vor zehn Jahren haben wir die Entwicklungen von heute erahnen können, aber sie waren in ihrer Dynamik noch nicht am Laufen. So kann ich auch heute nur Vermutungen anstellen: in 20 Jahren werden Organisationsmodelle, die es nicht geschafft haben, sich flexibel anzupassen, nicht mehr existieren oder nur noch in ganz bestimmten Umfeldern operieren. Viele Organisationen werden sich sehr stark mit Entwicklung, Innovationen und neuen Technologien beschäftigen und in einem hohen Maße agil arbeiten. Ich glaube, es wird ein sehr differenziertes Bild an Organisationen geben. Das Aussehen künftiger Organisationen wird sich sehr viel mehr nach ihrem Auftrag, ihrer Zielsetzung und Funktion richten, als dies heute der Fall ist.

 

Autor: Wiesner-Hager Content-Redaktion im Interview mit Birgit Feldhusen

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