Ein Büro voller Teamgeister.

Dank Corona und Babyelefanten setzen die Unternehmen in Zukunft auf zwei verschiedene Strategien – zum einen auf die Sozialisation im virtuellen Raum, zum anderen auf den gemeinsamen Spirit im realen Office. Zwei Experten werfen einen Kristallkugelblick ins neue Jahrzehnt.

„Frau Müller ist heute im Home- Office, aber Sie können sie gerne per Mail oder am Handy erreichen. Haben Sie ihre Nummer?“ Jahrelang haben CEOs, Vorstände und HR-Leiter immer wieder triftige Gründe gefunden, warum Home-Office zwar grundsätzlich eine sinnvolle, zukunftsfähige Sache sei, aber bitte überall sonst, bloß nicht in ihrem eigenen Unternehmen. Ganz nach dem Motto: NIMB, not in my backyard! Oder eben: NIMB, not in my business! Durch Corona ist es plötzlich möglich und nötig geworden, Frau Müller auch außerhalb des Büros arbeiten zu lassen – im Home-Office, im Kaffeehaus, in Großtantes Feriendomizil am Attersee.

Wie die Firmen ihre Schäfchen zusammenhalten und auch in Zeiten von Remote-Working so etwas wie eine informelle Kommunikationskultur pflegen, ist Geschmackssache – und so unterschiedlich, dass es Spaß macht, sich von den am Markt praktizierten Gegebenheiten inspirieren zu lassen. Manche Firmen kultivieren am Freitagnachmittag ein digitales Feierabendbier, bei dem sie am Ende der Woche auf den gemeinsamen Erfolg anstoßen. In anderen Firmen hingegen werden die großen Zoom-Meetings eröffnet, indem jeder Teilnehmer, jede Teilnehmerin ein lustiges Missgeschick der letzten Woche erzählt. Wiederum andere laden einmal pro Woche zu einem gemeinsamen Lunch, bei dem das gelieferte Essen gemeinsam vor der Laptop- Kamera verzehrt wird. Mahlzeit!

„Egal, ob real oder digital“, sagt die Wiener Change- Expertin Bettina Wegleiter, „es braucht unbedingt einen Kontakt, der über das rein Berufliche, über rein Sachliches hinausgeht. Im physischen Büro sind wir schon gut geübt, da reicht das Spektrum vom kurzen Plausch an der Kaffeemaschine bis zum gemeinsamen Firmenausflug und Team-Building-Prozess.“ Im virtuellen Bereich jedoch sei man gerade dabei, neue Formate auszuprobieren: Virtual Coffees, Digital Dinners, Remote-Lagerfeuer als Krönung eines abgeschlossenen Projekts oder einer erfolgreich absolvierten Etappe. „Wir sind noch in der Experimentier- und Ausprobierphase“, so Wegleiter. „Vieles von dem, was wir heute machen, wird wieder aussterben. Manches aber wird überleben und sich professionalisieren und etablieren. Damit ist vor allem eines fix: Wir stehen vor einer umfassenden Revolution von Unternehmenskultur.“

Die Revolution bezieht sich auch auf die physische Hülle des Büros. Oder, wie Thomas Fundneider, Gründer und Geschäftsführer von The Living Core, prognostiziert: „Auch in Zukunft wird das reale Büro eine unverzichtbare Rolle spielen, und vielleicht wird es noch wichtiger sein als bisher, denn es braucht unbedingt einen Ort für Sozialisation, aber auch für das Aufsetzen und Konkretisieren von Visionen und Prozessen abseits des üblichen Home-Office-Alltags. Online sind solche tiefgreifenden Core-Themen kaum abzubilden.“

Wird das Büro schrumpfen? „Vielleicht minimal, aber nicht grundlegend“, so Fundneider. „Die Anzahl an Schreibtischen und Nullachtfünfzehn-Arbeitsplätzen wird mit Sicherheit zurückgehen. Damit gibt es dann endlich mehr Platz für anderes – für das Büro als Hub, als Homebase, als großzügige Plattform für den Teamgeist.“

 

Autor: Wojciech Czaja, Architekturjournalist

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