furniloop Schreibtische mit Screens in einem schönen offenem Büro
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Über Wirkung und unerwünschte Wirkung.

Farben, Licht, Materialien. – Wie Soft Skills in der Architektur unser Wohlbefinden beeinflussen.

Räume wirken. Sie beeinflussen, wie wir denken, fühlen und handeln. Meist ohne dass wir es bewusst wahrnehmen. Martina Püringer, Architektin und Expertin für Architektur- und Raumpsychologie, widmet sich seit Jahren dieser unsichtbaren Wechselwirkung von Mensch und Raum. Für sie liegt der Schlüssel zu Wohlfühl-Räumen in den Soft Skills – jenen gefühlten, oft unbewusst wirkenden Einflüssen, die weit über Grundrisse und Funktionalitäten hinausgehen. Ein Gespräch über Wohlfühlen, Produktivität und gesunde Raumgestaltung.

Eine harmonische Atmosphäre, ein auf die Bedürfnisse abgestimmter Raum, in dem man sich wohlfühlt und gerne aufhält – das klingt simpel, ist jedoch eine Herausforderung. Martina Püringer hatte schon während ihres Architekturstudiums an der Technischen Universität Wien das Gefühl, dass der Mensch in der Planung von Räumen zu wenig Beachtung bekommt: „Es war alles sehr techniklastig. Erst durch eine Vorlesung in Anthropologie habe ich die Einflüsse von Räumen auf das Verhalten der Menschen wahrgenommen. Das hat in mir ein Feuer entfacht.“

In ihrer Arbeit und mit ihrem Podcast Wohnsinn & Raumglück, den sie zusammen mit ihrer Hamburger Kollegin Erika Mierow moderiert, bringt sie ihre Erkenntnisse aus der Wohn- und Architekturpsychologie (WAP) einem breiten Publikum näher. Ihr Anliegen ist es, ein Bewusstsein dafür zu schaffen, wie Räume auf uns wirken. „Wir verbringen über 90 Prozent unseres Lebens in Innenräumen. Da ist es relevant zu verstehen, wie Räume unser Fühlen und Handeln beeinflussen.“ Häufig merke der Nutzer nicht, was fehlt, doch die Umgebung übe einen Einfluss aus: „Wir spüren oft unbewusst, ob ein Raum zu uns passt. Manchmal ist das nur ein subtiles Gefühl, das wir nicht benennen können, dem wir aber mehr Aufmerksamkeit schenken sollten.“

Die Expertin erklärt, dass unser Gehirn rund 95 Prozent der Raumwahrnehmung unbewusst verarbeitet. Eindrücke wie Gerüche, Farben oder Licht wirken automatisch auf uns. Sie verweist auf wissenschaftliche Studien, etwa jene von Roger Ulrich aus den 1980er-Jahren. Diese zeigte, dass Patienten in Krankenhauszimmern mit einer Aussicht auf Bäume schneller genesen als solche mit Blick auf eine Ziegelwand. „Die Atmosphäre eines Raumes wirkt immer auf uns – ob im Büro, zu Hause oder in öffentlichen Gebäuden.“

Doch, was genau sind Soft Skills von Räumen? Martina Püringer vergleicht sie mit den Soft Skills von Menschen: schwer messbar, aber essenziell. Soft Skills helfen, die Bedürfnisse, die man an einen Raum hat, zu erkennen und sie in weiterer Folge auch positiv umzusetzen.

„Im Grunde geht es um die Atmosphäre. Das Zusammenspiel aus Farben, Licht, Akustik und Materialien bestimmt, ob wir uns sicher und wohlfühlen.“ Auch die Möglichkeit zur Individualisierung sei bedeutend. „Menschen müssen sich Räume aneignen können, sei es durch persönliche Gegenstände am Arbeitsplatz oder durch Möbel, die flexibel aufgestellt werden können.“ Dabei zeige sich: Gut gestaltete Arbeitswelten fördern nicht nur die Konzentration und Kommunikation, sondern auch die Gesundheit. „Ein durchdachter und auf die Bedürfnisse ausgerichteter Raum sorgt automatisch dafür, dass wir uns wohlfühlen – und damit produktiver, kreativer und motivierter sind.“ Remote Work und hybride Arbeitsmodelle rücken die individuelle Gestaltung von Arbeitsräumen stärker in den Fokus. „Wenn Räume gut geplant sind, fühlen wir uns darin aufgehoben und sind erfolgreicher. Das Wohlfühlen ist kein Sahnehäubchen, sondern die Voraussetzung, um langfristig gerne Leistung zu erbringen und gesund zu bleiben“, betont die Expertin.

Ein Arbeitsplatz sollte Zonen für unterschiedliche Tätigkeiten bieten: Rückzugsorte für konzentriertes Arbeiten, aber auch Begegnungszonen für den informellen Austausch. Trendfarben, wie sie in den Social Media Feeds zu sehen sind, sollten nur pointiert eingesetzt werden, um auch über den Trend hinaus zu wirken. So harmoniert die Pantone-Farbe des Jahres 2025, das warme, erdige Mocha Mousse, sehr gut mit anderen Farben und strahlt eine gewisse Ruhe und Natürlichkeit aus. Anders als zum Beispiel die Farbe Rot: Studien zeigen, dass sie die Herzfrequenz und den Puls ansteigen lässt und uns in einen Zustand der Alarmbereitschaft versetzt. „Kurzzeitig mag das belebend wirken, auf Dauer jedoch schlägt es häufig in Unruhe und Stress um.“

Grün- und Blautöne bieten hingegen einen wohltuenden Kontrast. Sie wirken ausgleichend und beruhigend und eignen sich damit auch ideal für Büros. „Farben wirken jedoch nie allein“, betont die Expertin, „sondern immer zusammen mit Materialien und Licht.“ So schaffen Naturtöne und natürliche Stoffe wie Holz, Kork, Stein und Pflanzen ein gesundes Raumklima, reduzieren Stress, fördern die Konzentration und wirken positiv auf die Gesundheit.

Martina Püringer hat auch ein negatives Beispiel parat: „Ein monoton gestalteter Raum ohne Farben, natürliche Materialien oder schallabsorbierende Elemente, mit ausschließlich harter Oberflächenstruktur und einseitiger Deckenbeleuchtung, wirkt kalt, akustisch belastend und wenig einladend, selbst bei Ausblick ins Grüne und sonnigem Wetter.“

Auf die Frage, was der erste Schritt zu gesünderen Räumen sei, antwortet sie mit einem klaren Plädoyer für mehr Bewusstsein. „Wir müssen verstehen, dass Räume unser Denken, Fühlen und Verhalten prägen. Dann können wir gemeinsam mit Experten Lebens- und Arbeitsräume schaffen, die nicht nur funktionieren, sondern inspirieren.“

Und ihr eigenes Büro? Das spiegelt ihre Person wider: „Natürlich, kreativ, authentisch – ein Ort, an dem sich Arbeit und Leben im besten Sinne vereinen lassen. Denn letztlich sind es die Soft Skills der Räume, die uns das Gefühl geben, wirklich zu Hause zu sein – egal, ob in den eigenen vier Wänden oder im Büro.“ Ob ihr Büro instagrammable sei, darüber lacht sie: „Das weiß ich nicht. Wichtig ist, dass ich mich darin wohlfühle.“

 

Wohn- & Architekturpsychologie
analysiert auf Basis wissenschaftlicher Erkenntnisse die Wirkung von Räumen und Gebäuden und deren Umfeld auf den Menschen.

Der Wirkung eines Raumes kann man nicht entkommen.
DI Martina Püringer, Wohn- & Architekturpsychologin

DI Martina Püringer

  • Wohn- & Architekturpsychologin (WAP) Raum:evolution
  • Expertin für Wohn- und Architekturpsychologie (Österr. Akademie für Psychologie & Forschung in Wien)
  • Vorstandsmitglied am Institut für Wohn- und Architekturpsychologie in Graz
  • Vortragende zum Thema Wohn- und Architekturpsychologie Podcast Wohnsinn & Raumglück
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