Mensch möchte ich bleiben: Die Psychologie der Office-Architektur von morgen.

Martin Stara, Mitgründer des Prager Architekturstudios Perspectiv liebt Menschen. Und Bürogebäude. Wir lieben Staras innovative Office-Architektur und seine Art zu denken. Er hat uns verraten, warum gerade Prag mittlerweile eines der heißesten Pflaster für Architekturschaffende in Europa ist und warum wir trotz Digitalisierung und Automatisierung nie verlernen sollen, menschlich zu sein. 

 

In den vergangenen Jahren ist Prag mehr und mehr zu einem Hotspot für junge, kreative Architekturschaffende geworden. Was hat zu dieser Entwicklung geführt? 

Stara: Das kann ich nur bestätigen und ich denke, es gibt viele Faktoren, die diese Entwicklung beeinflusst haben. Junge tschechische Architekten haben im Vergleich zu ihren Kollegen in der westlichen Welt zur Umsetzung von Projekten viel kleinere Budgets zur Verfügung und müssen dadurch vielfach improvisieren, was zu innovativen Lösungen führt, die weltweit veröffentlicht werden. Die überschaubare Größe der Stadt verleiht Prag eine einzigartige kreative Atmosphäre, in der sich Architekten, Künstler und Designer täglich treffen. Das erschafft eine starke Gemeinschaft. 

 

Wie hat sich Ihr Zugang zur Architektur entwickelt? 

 Stara: [lacht] Mein Zugang zur Architektur ändert sich laufend und ist geprägt von einem tiefen Verständnis für die Bedürfnisse von Menschen. Mit dem Studio Perspektiv, das ich vor zwei Jahren mit Jan Antal gegründet habe, haben wir uns auf Bürokonzepte und Arbeitsumwelten spezialisiert. Unsere Herangehensweise ist dabei eine Kombination aus städtebaulicher Planung und innovativer Innenraumgestaltung. Wir wollen mehr sein als „nur“ Architekten und beleuchten das gesamte Umfeld aus verschiedensten Blickwinkeln. Dabei versuchen wir zu verstehen, warum Menschen Dinge machen, wie sie sie machen, was sie antreibt und motiviert. 

 

Wie würden Sie Ihren Arbeitsstil beschreiben? 

 Stara: Ganz klar – mit Teamwork. Ich beginne meine Arbeit meist mit Mind-Maps oder Skizzen und entwickle die Ideen dann mit meinem Team weiter. Darüber hinaus gehe ich mit offenen Augen durch die Welt und versuche, inspirierende Plätze zu finden, an denen sich Menschen wohlfühlen. Diese Orte haben aber oft gar nichts mit Büros zu tun. 

 

An welchen Projekten arbeiten Sie im Moment? 

Stara: Wir konzentrieren uns vor allem auf Bürodesigns. Im Moment arbeiten wir an zwölf Projekten. Zu unseren Kunden zählen verschiedenste Unternehmen von IT-Start-ups, Anbietern von Coworking Spaces bis zu traditionsbehafteten Unternehmen. Jeder Kunde ist individuell, genau wie jeder Bauplan und jedes Raumkonzept. 

 

Die Tschechen gelten als Pioniere, wenn es um die Schaffung und Konzeption von Coworking Spaces geht. Warum ist das besonders hier so in Mode? 

Stara: Ich denke, ich kenne die Antwort. Wir haben gelernt, wie man eine starke Gemeinschaft aus Freelancern, Start-ups und kleinen Unternehmen erschafft. Um in Prag erfolgreich zu sein, ist es essentiell, die richtigen Leute zu kennen und echte Verbindungen zu schaffen. Networking ist alles hier. 

 

Wie sieht es in Unternehmen aus? Sehen Sie auch hier eine Entwicklung in Richtung Coworking Lounges? 

Stara: Definitiv. Alle unsere Kunden wollen Orte haben, an denen sich Menschen während der Arbeit treffen können. Wir wissen, dass nur Unternehmen, in denen sich die Kollegen gut kennen, ständig interagieren und sich daher gegenseitig helfen können, im Inneren stark sind. Investitionen in diese Zonen oder Orte machen sich für ein Unternehmen immer bezahlt. 

 

Und wie stark ist der Antrieb von Firmeninhabern, Arbeitsumgebungen zu verändern? Wie schwierig ist es, die Wünsche der Kunden mit Ihren eigenen innovativen Ideen in Einklang zu bringen? 

 Stara: Ich denke, dass Unternehmen, die keine Veränderung zulassen, langfristig am Arbeitsmarkt verlieren werden. Ein durchdachtes Bürokonzept kann die Kultur und den Workflow erheblich verbessern. Manchmal braucht es Zeit, um die Bedürfnisse der Kunden richtig zu verstehen, und oft haben Unternehmen Angst vor der Veränderung, die sie am Anfang forciert haben. Wir respektieren unsere Kunden und glauben, dass Innovation aus dem Inneren des Unternehmens kommen muss und nicht von außen erzwungen werden kann. 

 

Wie definieren Sie New Work? 

Stara: New Work bedeutet für mich, Möglichkeiten zu nutzen, die uns neue Technologien bringen, und am Ende des Tages aber trotzdem menschlich zu bleiben. Das ist eine große Herausforderung für die Zukunft. 

 

Und wie sieht Ihr eigenes Büro aus? 

Stara: Wir haben ein sehr schönes Studio mit hohen Wänden und großen Türen im Prager Stadtteil Vinohrady. Hier arbeiten im Schnitt fünfzehn Personen. Grundsätzlich sind wir in zwei Teams auf zwei Räume aufgeteilt. Wir Architekten arbeiten gemeinsam an einem großen Tisch. Ergänzend haben wir einen Meetingraum voll mit Mustern und Katalogen und einem magnetischen Whiteboard. Hier empfangen wir unsere Kunden und kreieren neue Ideen. 

 

Wie, denken Sie, sieht die Zukunft für Architekten in der Tschechischen Republik bzw. allgemein in Europa aus? 

Stara: Hier in der Tschechischen Republik müssen wir uns mehr auf die langfristige Qualität konzentrieren, unsere Mentalität und kulturellen Wurzeln verstehen und ein Umdenken forcieren.  Eine nachhaltigere Herangehensweise ist gefragt. Und auf Europaebene denke ich, dass wir einfach zusammenhalten und unser Wissen untereinander austauschen müssen. Als Vater von drei Kindern bin ich optimistisch und ich sehe positiv in die Zukunft. 

 

Autor: Wiesner-Hager Content-Redaktion im Interview mit Martin Stara

Ein durchdachtes Bürokonzept kann die Kultur und den Workflow erheblich verbessern.
Martin Stara,Architekturstudio Perspectiv
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