Airbnb-Headquarter: Ein Setzkasten aus Urlaub und Daheim.

Das neue Airbnb-Headquarter in San Francisco spielt mit Heimat- und Urlaubsgefühlen. Die heterogene Gestaltung der Büros und Besprechungszimmer soll die Vielfalt des Airbnb-Portfolios widerspiegeln.

 

Viel Licht, ein Ambiente wie daheim, und alle paar Minuten läuft ein junger Mitarbeiter, eine junge Mitarbeiterin mit einem kleinen Designer-Trolley vorbei – so als wäre man mit- ten am Bahnhof. „Genau so soll es sein“, sagt Jenna Cushner, Head of Ground Control, „denn schließlich sind wir hier alle Gastgeber und Gast zugleich, und diese Qualität und Gastfreundschaft soll sich auch in unserem neuen Headquarter widerspiegeln, nicht wahr?“

Airbnb, 2007 gegründet, verwaltet Privatunterkünfte in 192 Ländern und mehr als 34.000 Städten. Trotz zunehmender Konkurrenz schwappt der Trend des privaten Logierens im Urlaub wie eine unaufhaltsame Lawine auf das einstige Startup- Unternehmen. Die Airbnb-Family wird immer größer. Und so nistete sich der Internet-Anbieter mit seinen nunmehr 400 Mitarbeitern vor wenigen Monaten in einem alten, komplett sanierten Warehouse in SoMa (South of Market) ein. Wo früher Papierwaren und später auch Batterien hergestellt wurden, befindet sich heute die globale Verwaltungszentrale von Übernachtungen abseits von Hotel, Resort und Co.

„Airbnb zeichnet sich dadurch aus, dass keine zwei Privatunterkünfte auf der Welt gleich sind“, erklärt Bert deViterbo, Projektleiter im zuständigen, international agierenden Architekturbüro Gensler. „Das ist eine Eigenschaft, die die Airbnb- Kunden sehr schätzen. Daher wollten wir dieses Phänomen auch auf die neue Zentrale in SoMa übertragen.“ Fazit dieser heterogenen Gestaltungsprämisse: Auf den insgesamt 7.200 Quadratmetern in der 1917 errichteten Papierfabrik gleicht kein Raum dem anderen. Jede Lounge, jeder Arbeitsplatz, jedes Besprechungszimmer ist einem anderen Konzept untergeordnet.

 

Da gibt es das Siebzigerjahre-Apartment, die schwarz-weiße Pop-Wohnung aus den Spätachtzigern, die Vitra-Fraktion in Reinkultur, Omas Strickstube, Vaters Bibliothek und den luftigen Konferenzraum, der einem in bester Playboy-Manier suggeriert, man sei nicht nur mitten in den Sixties, sondern auch an einem Partypool in Palm Springs oder Las Vegas. Und mit etwas Glück findet man sich plötzlich auf Bali wieder. „Die Idee war, eine fiktive Rekonstruktion des gesamten Airbnb-Portfolios zu machen“, sagt deViterbo. „All das, was über Airbnb angemietet werden kann, soll sich qualitativ in diesem etwas anderen Bürohaus niederschlagen, denn schließlich ist es wichtig, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter einen Eindruck davon vermittelt bekommen, in welcher Branche, in welchem Ambiente sie tagtäglich arbeiten.“

 

Und die Planung war keineswegs nur intuitiv: In Zusammenarbeit mit dem Innenraumgestalter Interior Design Fair (IDF) habe man sich an bestehenden Privatvermietern in Kalifornien orientiert – die enorme Bilddatenbank von Airbnb war dabei behilflich – und aus diesem Repertoire eine wilde, möglichst heterogene Mischung nachgebaut. Die Möbel dafür stammen von klassischen Möbelhäusern, von Altwarenhändlern und Vintage-Stores. Vieles wurde aber auch über eBay ersteigert. Andere Möbel wiederum, gibt man sich bei Gensler und IDF stolz, wurden von Sympathisanten gespendet. „So etwas lässt sich nicht nach Schema F planen“, sagt deViterbo. „So ein Bürohaus kann man nur mit viel Zeit und viel Liebe zum Detail realisieren.“

Von oben strömt diffuses Tageslicht durch die Decke. Das quadratische Atrium, fünfgeschoßiges Herzstück des neuen Airbnb-Headquarters, lässt einen fast schon im Urlaub wähnen. Dass wenige Meter vor der restaurierten Papierfabrik Ecke Brannan und 8th Street der vielbefahrene San Francisco Bayshore Freeway vorbeiführt, lässt sich nicht einmal erahnen. Thermisch und akustisch nämlich wurde der alte Industriebau, der in den letzten Jahrzehnten bis zur Unkenntlichkeit umgebaut und zweckentfremdet worden war, perfekt gedämmt. Auch die historische Glasfassade, die stellenweise mit Ziegeln verschlossen und zubetoniert war, wurde wieder rekonstruiert. Am Ende wurden die planerischen und baulichen Anstrengungen vom US Green Building Council (USGBC) mit Green Building Silver zertifiziert.

 

Ein letzter Blick nach oben: Wie Fragmente der Mobilität flattern oben auf den Galerien junge, schlanke Silhouetten der iPad-Generation hin und her. Zur Mittagszeit verdichtet sich das Schauspiel in luftiger Höhe. Kein Wunder. Im letzten Stock der „Übernachtungsfabrik“ befinden sich Theater, Bibliothek und Mitarbeiterkantine. Der New Yorker Designer und Illustrator Timothy Goodman hat hier insgesamt 115 Urlaubsgedanken auf Sperrholzplatten gemalt, die nun in St. Petersburger Hängung hinter den Esstischen baumeln. Ein bisschen erinnert das Ganze an Ikea. Natürlich, auch diese Assoziation sei durchaus willkommen, hört man von Airbnb. „Ikea? Auch das ist Zuhause!“

 

Autor: Wojciech Czaja, Architekturjournalist

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